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Antworten der Parteien auf Frage 7

18. Februar 2020

7. Der demographische Wandel ist in vollem Gang und der sogenannte Fachkräftemangel macht auch vor dem öffentlichen Dienst kein Halt. Allein der Mangel an geeigneten Bewerben macht deutlich, dass der öffentliche Dienst weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sein sollte. Was gedenkt Ihre Partei zu tun, um den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu erhalten? Wie steht Ihre Partei zu den Themen Metropolzulage, freie Heilfürsorge und Wohnraum für Auszubildende und Studierende?

SPD

Die FHH ist ein attraktiver Arbeitgeber und soll dies auch bleiben. Mit einer Fachkräfteoffensive wollen wir qualifiziertes und motiviertes Personal für die hamburgische Verwaltung gewinnen. Mit attraktiven Arbeitsplätzen wollen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig halten. Neben einer angemessenen Bezahlung bilden auch die mit der Digitalisierung verbundenen Möglichkeiten – wie etwa des mobilen Arbeitens, flexible Arbeitsformen und -zeiten u.a. zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – wichtige Faktoren hinsichtlich der Attraktivität für eine Arbeit bei der FHH.

Unser Ziel ist, über eine angemessene Grundbezahlung ein ausreichendes Einkommen zu sichern.

 

CDU

Die CDU fordert die Metropolzulage und hat sie auch in ihr Wahlprogramm aufge­nommen. Nach unserer Vorstellung sollen alle Beamten und Tarifbeschäftigten der Stadt Hamburg, die ihren Wohnsitz in Hamburg haben, eine solche Zulage erhalte, um den höheren Lebenshaltungskosten in Hamburg Rechnung zu tragen. Aber Ham­burg muss als Arbeitgeber allgemein attraktiver werden und muss sich hier an den Angeboten der Privatwirtschaft an die Arbeitnehmer orientieren.

Die CDU unterstützt auch die Forderung nach einer Rückkehr zur Freien Heilfürsorge für Polizei- und Feuerwehrbeamte sowie die Einführung der freien Heilfürsorge für Strafvollzugsbedienstete. Die Heilfürsorge besteht gerade in Berufsfeldern, die mit einer hohen Gefahr für den eigenen Körper verbunden sind. Wer diese Aufgaben für die Gemeinschaft übernimmt, soll für die entstehenden Kosten der Heilbehandlung nicht mit eigenen Mitteln zahlen müssen.

Wohnraum in Hamburg ist rar und teuer. Um qualifizierte Nachwuchskräfte für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, ist es unerlässlich, dass mehr Wohnheim- und WG-Plätze für Anwärter und Auszubildende der Verwaltung geschaffen werden.

 

Die Linke

Gute Arbeitsbedingungen machen auch Berufe mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten attraktiv: neben einem überdurchschnittlichen Entgelt spielt insbesondere die Planbarkeit und Verlässlichkeit von Freizeit eine große Rolle. Auch muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden, z.B. durch Betriebs-Kitas mit angepassten Öffnungszeiten bei Schichtarbeitenden.

Anstatt der Heilfürsorge möchten wir Beamt*innen in eine Bürgerversicherung für alle einbeziehen und darüber eine volle Übernahme von Behandlungskosten erreichen.

Im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus müssen entsprechende Wohnungen für Auszubildende und Student*innen erstellt werden. Durch eine Mietpreisbremse wollen wir bestehenden günstigen Wohnraum sichern.

 

Bündniss 90 / Die Grünen

Der öffentliche Dienst in Hamburg ist nach unserer Auffassung ein attraktiver Arbeitgeber, der vielfältige und interessante Berufsperspektiven bietet. Insbesondere für Fachkräfte sind attraktive Arbeitsbedingungen die Lebensqualität, die Kultur- und Erholungsangebote, Freizeitmöglichkeiten wichtig, ebenso Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Hamburg hat hier viel zu bieten. Trotzdem gibt es insbesondere beim technischen Personal, in der IT, bei Sozialpädagog*innen und Erzieher*innen sowie in den Gesundheitsberufen einen Mangel an Fachkräften, der jedoch den privaten Bereich ebenso trifft. Hier setzen wir auf professionelle Verfahren zur Gewinnung von Personal und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch flache Hierarchien und mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten und hervorragende Bedingungen für Aus- und Fortbildung.

Die Frage der Metropol- oder Ballungsraumzulage wäre vor allem vor dem Hintergrund von Gerechtigkeits- und Finanzierbarkeitsaspekten zu prüfen, da sie ja nur für die städtischen Beschäftigten gezahlt werden könnte, aber trotzdem viele Millionen Euro zusätzlich kosten würde. Angesichts der großen Herausforderungen für den Haushalt der Stadt Hamburg hat dies zurzeit keine Priorität. Die Polizei in Hamburg hat die freie Heilfürsorge. Hintergrund für die Änderungen bei der Freien Heilfürsorge bei der Polizei ist der Umstand, dass das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und das System privater Vorsorge einschließlich ergänzender Beihilfe gleichwertig sind und die beamtenrechtliche Fürsorgeverpflichtung es gegenwärtig nicht gebietet, für Beamtinnen und Beamte mehr zu gewährleisten als das, was den Mitgliedern der GKV als medizinisch gebotene Behandlung garantiert wird. (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. November 2002, 2 BvR 1053/98). Grundsätzlich teilen wir diese Einschätzung.

Um bezahlbaren Wohnraum für Studierende und Azubis zu schaffen, bauen wir die Zahl der Wohnheimplätze deutlich aus. Bis zum Wintersemester 2021/22 ist geplant, dass 700 neue Plätze durch das Studierendenwerk geschaffen werden. Natürlich deckt das nicht den zunehmenden Bedarf. Insgesamt ist das Ziel, die Gesamtkapazität um mindestens ein Drittel zu haben. Durch einen Masterplan sollen die finanziellen Bedingungen zum Bau neuer Wohnheimplätze geschaffen werden, z.B. durch die Verbesserung der Eigenkapitalquote des Studierendenwerks oder die Erschließung neuer Grundstücke. Uns geht es darum, dass die Mieten für die Studierenden und Auszubildenden durch die öffentliche Förderung dauerhaft bezahlbar bleiben. Die Aktivitäten beim Auszubildendenwohnen wollen wir deutlich steigern und prüfen, welcher der städtischen Träger sich für Wohnheime für Auszubildende eignet. Denkbar wäre auch eine gemischte Belegung von Wohnheimen mit Auszubildenden und Studierenden. Darüber hinaus haben wir ein umfassendes Konzept mit weitreichenden Maßnahmen erarbeitet, mit dem wir für alle Hamburger*innen das Wohnen zu fairen Preisen wiederherstellen wollen.

 

Freie Demokraten / FDP

Die FDP will die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber steigern; hierzu kann eine Anpassung der Vergütung bspw. für IT-Fachkräfte ein Mittel sein. Die Wiedereinführung der freien Heilfürsorge für Polizei und Feuerwehr in der vergangenen Wahlperiode haben wir unterstützt und wollen sie auch beibehalten. Einstieg und Aufstieg müssen in attraktiveren Laufbahn- und Besoldungsstrukturen ermöglicht werden.9) Flexible Arbeitszeitmodelle, durchlässige Laufbahnen und die Belohnung von Eigeninitiative und Engagement können den öffentlichen Dienst auch zukünftig zu einem attraktiven Arbeitgeber machen. Beamtinnen und Beamten sollten insbesondere in die Lage versetzt werden, einfacher in die freie Wirtschaft wechseln zu können; umgekehrt sollte Menschen mit Erfahren aus privaten Unternehmen einfacher für den Staat arbeiten können.10) Wir Freie Demokraten wollen uns überdies für ein Sofortprogramm für 500 neue Studierenden- und Azubi-Wohnheimplätze in den kommenden zwei Jahren einsetzen. Hierbei können uns sollen insbesondere auch die Kammern mit eingebunden werden.

9) BT‐Drucks. 19/13519, S. 1.

10) BT‐Drucks. 19/13519, S. 1 f.

 

AfD

Diese Forderungen halten wir für begründet!

Wir halten eine Zulage nach dem Vorbild des Bayerischen Besoldungsgesetzes, dort Art. 94 Bay BesG, namentlich eine Ballungsraumzulage für angemessen und einführungswürdig. Denn in den Ballungsräumen ist es durch die Versäumnisse der Wohnraumpolitik vieler Legislaturperioden auf kommunaler Ebene, aber auch auf Bundesebene, zu einer Situation immer stärker steigender Mieten gekommen. Daher ist es wichtig, dass auch die Landesbediensteten es sich leisten können müssen, nah am Dienstort wohnen und leben zu können. Gleiches gilt auch für den Nachwuchs, also den Auszubildenden und den Studierenden. Hier muss adäquater und günstiger Wohnraum zur Verfügung gestellt werden, damit die Attraktivität der Ausbildung im öffentlichen Dienst nachhaltig gestärkt und erhöht werden kann. Ein Staat, der seinen Mitarbeitern keine finanzielle Grundlage bietet, um Miete und Lebenshaltungskosten in einer Großstadt angemessen bestreiten zu können, erfüllt seine Aufgaben nicht und schreddert den Anspruch auf hochwertige Aufgabenerfüllung und Nachwuchsgewinnung. Das schreckt auch den potentiellen Nachwuchs ab. Hier ist dringend gegenzusteuern.

Eine Rückkehr zur freien Heilfürsorge wird ebenfalls ohne Einschränkung befürwortet. Wer täglich für Staat und Bürger seine Gesundheit riskiert und wie die Polizeibediensteten „in Gefährdungssituationen reingeht, wo andere rausgehen“, hat eine adäquate Gegenleistung zu erwarten. Der Staat darf von seinen Vollzugsbeamten keinen „vollen Einsatz" in Gefahrensituationen erwarten, wenn er sich im Gegenzug bei der freien Heilfürsorge" als knauserig und knickerig erweist.

Ansonsten gilt im Bereich der Nachwuchsgewinnung, dass junge Leute nicht nur durch adäquate Versorgung und Besoldung in Richtung öffentlicher Dienst bewegt werden, sondern auch durch die sogenannten weichen Faktoren. Die zentrale Frage ist: Was bietet mir der öffentliche Arbeitgeber jenseits einer angemessenen Bezahlung. Zudem müssen Nachwuchskräfte auch emotional angesprochen werden. Der Dienst am und für den Bürger muss einen höheren Stellenwert bekommen, als es derzeit der Fall ist.

 

gez. Rudolf Klüver