Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen sind vorerst gescheitert.
Die Arbeitgeberseite hat in der 3. Verhandlungsrunde ein Angebot vorgelegt, das die Gewerkschaften als unzureichend abgewiesen haben. Das Angebot enthielt bei einer Laufzeit von drei Jahren Entgelterhöhungen, die voraussichtlich nicht einmal den inflationsbedingten Kaufkraftverlust ausgeglichen hätten, zudem gab es keine Angebote zur Entlastung der Beschäftigten oder zur Stärkung der Zeitsouveränität.
Die Gewerkschaften haben bei den Verhandlungen viele konstruktive Vorschläge gemacht, um zu einem Tarifabschluss zu gelangen. Bei den Arbeitgebenden war aber keine ausreichende Bewegung erkennbar und so hat die Arbeitgeberseite die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die Schlichtung angerufen. Die Gewerkschaftsseite hätte gerne weiterverhandelt, um zu einer Lösung zu gelangen, aber diesen Weg wollten die Arbeitgebenden nicht mehr weiter gehen.
Dazu Thomas Treff (Landesvorsitzender dbb hamburg beamtenbund und tarifunion):
„Aus meiner Sicht war das Verhalten der Arbeitgeberseite in Potsdam ein Offenbarungseid gegenüber den eigenen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Wie soll man es sonst einordnen, dass die Arbeitgebenden überhaupt erst sehr spät in der 3. Verhandlungsrunde ein völlig unzureichendes Angebot unterbreitet haben, was keinerlei soziale Komponente und auch keine Verhinderung des Kaufkraftverlustes in den nächsten 3 Jahren enthalten hat.
Zudem enthielt das Angebot keinerlei Elemente für eine Stärkung der Zeitsouveränität und für eine Entlastung der Beschäftigten.
Alles wurde damit begründet, dass es dafür keinerlei finanziellen Spielraum gäbe. Aber in völliger Übereinstimmung mit dem dbb ist auch für den dbb hamburg klar, dass die jahrelangen Versäumnisse der Politik bei der Ausstattung der kommunalen Finanzen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfen. Mich hat besonders geärgert, dass die Arbeitgeberseite permanent versucht hat, sich als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger aufzuspielen und diese damit gegen die eigenen Beschäftigten auszuspielen.
Als dbb hamburg lehnen wir dieses Vorgehen energisch ab, weil die Arbeitgebenden damit billigend in Kauf nehmen, die gesellschaftliche Spaltung zwischen dem öffentlichen Dienst und seinen Beschäftigten und den Bürgerinnen und Bürgern zu vertiefen. Deshalb stellt sich ernsthaft die Frage, ob die Arbeitgebenden nichts aus den letzten Wahlergebnissen insbesondere bei der Bundestagswahl und den Landtagswahlen gelernt haben.
Denn es gab in dieser Tarifverhandlung noch weitere Punkte, die zwar nicht Hamburg direkt betreffen, die aber diese gesellschaftliche Spaltung weiter vertiefen können. Dazu gehört z.B. die Weigerung, eine tarifliche Gleichstellung zu vereinbaren – insbesondere beim Kündigungsschutz – für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den ostdeutschen Bundesländern.
Nach fast 35 Jahren deutscher Einheit sollte es selbstverständlich sein, dass Ost und West auch in diesem Bereich gleichgestellt sind. Doch auch hier haben die Arbeitgebenden blockiert, obwohl eine Angleichung für sie keinen finanziellen Mehraufwand bedeuten würde.
Angesichts der Wahlergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern ist dieses eine gefährliche Strategie, da sie dadurch mangelnde Wertschätzung und Sensibilität zum Ausdruck bringt. Diese Haltung verhilft am Ende nur populistischen Parteien zu mehr Zulauf, weil die Beschäftigten insgesamt nicht mehr den Eindruck haben, dass ihre Sorgen und Nöte ernstgenommen werden. Aber das ist natürlich ein Problem in ganz Deutschland.
Bereits jetzt ist eine massive Unzufriedenheit in der gesellschaftlichen Stimmung spürbar. Wer jetzt zusätzlich die Sorgen und Ängste der eigenen Mitarbeitenden ignoriert, riskiert langfristig die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst kann nur bestehen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst genommen werden. Deshalb müssen die Gehälter im öffentlichen Dienst konkurrenzfähig sein. Es kann nicht sein, dass Teile unserer Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen auf Mietzuschüsse oder Aufstockungsbeträge angewiesen sind, um ein normales Leben führen zu können. Deshalb brauchen wir im Tarifabschluss auch unbedingt eine soziale Komponente, um die spürbare Inflation z.B. im Bereich der Lebensmittel abzufedern.
Neben der fairen Bezahlung bedarf es weiterer attraktiver Rahmenbedingungen, wie Entlastungsmaßnahmen durch zusätzliche freie Tage und für mehr Arbeitszeitsouveränität.
Wer engagierte und qualifizierte Fachkräfte halten und gewinnen will, muss sich wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt aufstellen. Nur mit genügend Personal kann der öffentliche Dienst die Leistungen erbringen, die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von ihm erwarten.
Als dbb hamburg werden wir auch nach dem Scheitern der Verhandlungen weiter für unsere Forderungen eintreten. Wir werden die jetzt in Kürze anstehenden Schlichtungsverhandlungen aufmerksam begleiten und setzen darauf, dass es dann am Ende auch zu einem akzeptablen Schlichterspruch kommt.
Sollte auch diese Schlichtung scheitern, werden wir nicht zögern, gemeinsam mit dem dbb in Berlin und unseren Mitgliedsgewerkschaften über die weiteren Schritte in dieser Tarifauseinandersetzung zu beraten.
Es geht um die Belange unserer Kolleginnen und Kollegen, es geht aber in der Konsequenz auch darum, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger und auch für die Wirtschaft einen funktionsfähigen öffentlichen Dienst in Deutschland haben, der gerade in den jetzigen Zeiten als Stabilitätsanker dienen kann.
Deshalb werden wir im Kampf um einen gerechten Tarifabschluss im Bereich des TVöD/TV-AVH nicht nachlassen,“ so Thomas Treff abschließend.
Thomas Treff
Vorsitzender dbb hamburg beamtenbund und tarifunion