Der dbb hamburg hat mehrere Parteien gebeten, zu den Wahlprüfsteinen des dbb hamburg anlässlich der Bürgerschaftswahl 2025 Stellung zu nehmen.
Hier die Antworten von Volt Hamburg:
Frage 1:
Warum sollten Tarifbeschäftige und Beamtinnen und Beamte (inkl. der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger) ihre Partei wählen?
Volt setzt sich für eine konsequente Digitalisierung, die Einführung innovativer Strukturen und attraktive Arbeitsbedingungen auch und gerade im Öffentlichen Dienst ein, um ihn flexibler, serviceorientierter und robuster werden zu lassen. Wir alle profitieren dadurch von schnelleren Prozessen, besseren Dienstleistungen, effektiveren Einsatzkräften, motivierteren Lehrkräften und einer Verwaltung, die wirklich für uns da ist. Durch diese Effizienzsteigerung werden personelle Ressourcen in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes frei, die bislang mit bürokratischen Aufgaben gebunden waren und nun ihre vielfältigen Qualifikationen sinnvoller einsetzen können.
Deshalb setzt sich Volt ein für:
● Leistungsgerechte Gehaltsstrukturen
● Flexible Karrierewege: Durch die Förderung von „Beamtentum auf Zeit“ und sektorübergreifende Personalrotation entsteht eine innovative Verwaltungskultur mit neuen Kompetenzen und flexiblen Karrieremöglichkeiten.
● Berücksichtigung besonderer Lebensleistungen: Tätigkeiten wie Care-Arbeit, Freiwilligendienste und gesellschaftlich wertvolle Aufgaben sollen bei der Berechnung der Pensionen stärker berücksichtigt werden.
Frage 2:
Der hamburgische öffentliche Dienst hat derzeit rund 4.700 offene Stellen.
Nennen Sie uns bitte 5 konkrete Maßnahmen, mit denen ihre Partei die Attraktivität des hamburgischen öffentliche Dienstes steigern möchte (Maßnahmen für die Personalbindung und die Personalgewinnung erwünscht).
Volt ist der Ansicht, dass ein modernes Arbeitszeitrecht die Attraktivität des öffentlichen Dienstes steigern kann. Ein solches Recht muss den Schutz der Arbeitnehmenden gewährleisten und gleichzeitig Flexibilität für Beschäftigte und öffentliche Arbeitgeber ermöglichen.
Deshalb setzt sich Volt ein für:
● Innovatives Personal- und Arbeitszeitmanagement
○ Flexibilisierung der Arbeitszeit mit individuellen Arbeitszeitmodellen gemäß der EU-Arbeitszeitrichtlinie,
○ verbindliche, vertraglich festgelegte Homeoffice-Regelungen mit Möglichkeiten für ortsunabhängiges Arbeiten,
○ einen konsequenten Abbau von Überstunden, insbesondere bei der Polizei,
○ eine möglichst vielfältige Besetzung, auch von Führungspositionen, mit Personen mit Migrationsgeschichte, um die Gesellschaft widerzuspiegeln und alle Bürger*innen zu repräsentieren.
● Eine Re-Fokussierung auf Kernaufgaben, vor allem bei der Polizei durch Übertragung subsidiärer Aufgaben wie z.B. Hundesteuerkontrollen oder Gefangenentransporte an die jeweils zuständigen Verwaltungseinheiten.
● Einen verbesserten Arbeitsschutz: Der Schutz von Arbeitnehmenden wird dort verstärkt, wo sich die Flexibilisierung negativ auswirkt, um faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.
● Eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gemäß dem „Leitbild für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst“ und dem Sachverständigenrats-Gutachten von 2023, mit dementsprechend nachhaltiger Finanzierung und Besoldung, auch nach Auslaufen des „ÖGD-Paktes“ 2026.
● Maßnahmen zur Personalgewinnung auch mit dem Ziel, noch mehr Bewerber*innen aus diversen kulturellen Hintergründen einzustellen, um die gesamte Bevölkerung abzubilden.
Frage 3:
Zurzeit liegen über 8.200 Klagen auf amtsangemessene Alimentation beim VG Hamburg. Das VG Hamburg hat die Alimentation für die Jahre 2011 bis 2021/2022 als zu niedrig bewertet. Wollen Sie dieses Problem gemeinsam mit den Gewerkschaften lösen, auch um den Rechtsfrieden wieder herzustellen?
Die Einhaltung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation ist eine (verfassungs-) rechtliche Verpflichtung. Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes garantiert den Beamten eine angemessene Besoldung, die ihre Unabhängigkeit und finanzielle Absicherung gewährleistet. Ungeachtet der rechtlichen Verpflichtung erhöht eine amtsangemessene Alimentation zudem die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes für Fachkräfte. Im Übrigen sind Gerichtsurteile umzusetzen. Wenn das Verwaltungsgericht Hamburg festgestellt hat, dass die Besoldung nicht angemessen war, muss der Senat u.E. dieses Urteil respektieren und Maßnahmen zur Anpassung der Besoldung ergreifen. Die Anpassungen bei der Alimentation müssen hierbei mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Staates in Einklang stehen, um langfristige Haushaltsstabilität zu gewährleisten.
Um künftige Konflikte in diesem Bereich zu vermeiden, sollten die Tarifpartner durch Reformen der Besoldungsstruktur langfristige Lösungen schaffen. Volt setzt sich in diesem Zusammenhang dafür ein, dass die Diskussion über Höhe und Berechnungsgrundlagen der Alimentation transparent stattfindet, um das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik zu stärken.
Frage 4:
Seit 2011 gibt es die politische Garantieerklärung des jeweiligen Bürgermeisters, dass die Tarifergebnisse auch auf den Beamtenbereich zeit- und inhaltsgleich übertragen werden.
Würde sich ihre Partei für eine solche Garantieerklärung für die kommende Legislaturperiode ab März 2025 einsetzen?
Ja.
Frage 5:
Da im Sommer 2025 die Tarifverhandlungen für Zulagen für „bürgernahe Dienstleistungen im TV-L“ für die Beschäftigten der FHH beginnen, möchten wir von ihrer Partei gerne wissen, für welche „bürgernahen Dienstleistungen“ diese Zulagen aus Sicht ihrer Partei dann verhandelt werden sollen?
Volt ist der Ansicht, dass die Zulage generell für Beschäftigte gelten soll, die in direkter Interaktion mit Bürger*innen stehen und wesentlich zur Zufriedenheit und Effizienz der Verwaltung beitragen. Diese Mitarbeiter werden als "das Gesicht der Verwaltung" betrachtet und prägen das öffentliche Bild der Behörden. Hierzu zählen insbesondere (aber nicht nur):
1. Mitarbeiter in den Bezirksämtern
2. Beschäftigte an den Standorten des Hamburg Service
3. Personal in anderen Verwaltungseinheiten mit direktem Bürgerkontakt, wie das Hamburg Welcome Center
4. Mitarbeiter im Amt für Migration
5. Personal in KFZ-Zulassungsstellen.
Frage 6:
Die Kolleginnen und Kollegen des hamburgischen öffentlichen Dienstes warten seit Jahren vergeblich auf einen Fahrtkostenzuschuss der FHH. Wird sich ihre Partei in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die Kolleginnen und Kollegen diesen Zuschuss endlich erhalten?
Ja. Eine Bezuschussung für das Job- oder Deutschlandticket erhöht die Bereitschaft, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen, zudem sinken die Kosten bei Dienstreisen ebenso wie der bürokratische Aufwand bei Anträgen auf Reisekostenerstattung.
Frage 7:
Welche Schwerpunkte wollen Sie bei der Digitalisierung und dem Bürokratieabbau im hamburgischen öffentlichen Dienst setzen?
Wie wollen Sie KI zukünftig im hamburgischen öffentlichen Dienst nutzen?
Volt hat sich den “smart state” zum Ziel gesetzt. Durch Digitalisierung, innovative Strukturen und attraktive Arbeitsbedingungen soll die gesamte Verwaltung flexibler, serviceorientierter und robuster werden und den zunehmenden Fachkräftemangel kompensieren können. Deshalb setzt sich Volt dafür ein
● die Verwaltung intelligent und menschennah umzustrukturieren, mit zentralen Anlaufstellen („One-Stop-Shops“) mit einfachen und flexiblen Prozessen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.
● dass Anträge bei nicht fristgerechter Bearbeitung automatisch als genehmigt gelten.
● Vorschriften regelmäßig zu überprüfen und wenn möglich weiter zu vereinfachen oder zu streichen, um Mitarbeitende ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.
● rechtssichere und datenschutzkonforme Übertragungsmöglichkeiten für Bürger*innendaten zu schaffen, und zwar zwischen den Behörden und Ämtern innerhalb Hamburgs ebenso wie zu den entsprechenden Behörden auf Landes-, Bundes- oder Europaebene, und dies mit konsequenter Umsetzung des “Once-Only-Prinzips” (Daten müssen nur einmal eingegeben und können jederzeit bedarfsgerecht übermittelt werden). Medienbrüche, egal welcher Art, müssen der Vergangenheit angehören.
● eine bundesweit interoperable Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) mit einem digital gestützten Infektions- und Pandemie-Management zu etablieren, mit Anbindung der Gesundheitsämter an die Telematik-Infrastruktur sowie einheitlichen Schnittstellen zu den entsprechenden Landes- und Bundesbehörden. Hamburger Insellösungen lehnen wir ab.
● das Budget für die IT-Entwicklung und Digitalisierung bei Polizei und insbesondere in der Justiz substantiell zu erhöhte, mit standardisierten IT-Schnittstellen zu den Systemen vom Bund, anderen Bundesländern und Staatsanwaltschaften, aber auch zu europäischen Behörden.
● "KI"-gestützten Programme einzusetzen, sofern sie ausreichend evaluiert sind, Standardprozesse weiter vereinfachen oder z.B. zur Verständigung mit nicht-deutschsprachigen Menschen dienen, wo sonst Dolmetscher eingesetzt werden müssten.
Frage 8:
Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst nimmt immer weiter zu.
Welche konkreten Maßnahmen schlägt ihre Partei vor, um Beschäftigte des hamburgischen öffentlichen Dienstes besser gegen Gewalt zu schützen?
Auch Volt ist zutiefst besorgt darüber, dass der Respekt vor der schwierigen und verantwortungsvollen Arbeit der Sicherheits- und Rettungskräfte, insbesondere von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten in den letzten Jahren spürbar nachgelassen hat. Dies wird an immer zahlreicher werdenden Vorfällen anlässlich von Demonstrationen, Großveranstaltungen, schweren Unfällen und sonstigen Großeinsätzen, aber auch bei Routine-Einsätzen deutlich. Dabei reicht das Spektrum von verbaler Gewalt über Sachbeschädigungen oder auch leichte Körperverletzungen bis hin zur Waffengewalt gegen die eingesetzten Kräfte.
Daher setzt sich Volt Hamburg ein für
● eine adäquate personelle und technische Ausrüstung der Ordnungs- und Einsatzkräfte bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten, z.B. Body-Cams bei der Polizei (bei Bedarf mit Anpassung der Strafprozessordnung) bei gleichzeitiger Kennzeichnungspflicht für die Beamt*innen.
● die konsequente Ahndung rechtswidrigen Verhaltens auf allen Seiten.
● die regelhafte, ausführlichere Information und Beratung von Veranstaltern von Großereignissen und Sicherheitsdiensten im Vorwege darüber, wie sie effizient eine Eskalation verhindern bzw. einer solchen begegnen können.
● ein regelmäßiges Deeskalationstraining der Einsatzkräfte unter Beachtung emotionaler Resilienz, der kulturellen Vielfalt und Diversität der Bevölkerung, um vermeidbare Konflikte durch unverhältnismäßige Maßnahmen zu verhindern, z.B. auch durch eine unauffällige Unterbindung niedrigschwelliger Delikte bei Demonstration und Großeinsatzlagen, um eine allgemein friedliche Lage zu wahren.
● den Ausbau bereits laufender Präventionsprogramme, z.B. im Rahmen des Senatskonzepts „Handeln gegen Jugendgewalt“, ergänzt durch erfolgreiche Konzepte aus ganz Europa.
● eine breitere Diversität des Personals vor allem bei der Polizei, um die Akzeptanz auch bei Konfliktsituationen zu erhöhen.
● eine Verbesserung der Akzeptanz insbesondere der Polizeikräfte durch Schaffung effektiver Wege, sich gegen unverhältnismäßige Maßnahmen wehren und diese ggf. ahnden zu können.
● eine bessere Aufklärung über die Rolle der Einsatzkräfte bei der Bevölkerung.
Dazu Thomas Treff (Landesvorsitzender dbb hamburg beamtenbund und tarifunion):
„Die Wahlprüfsteine des dbb hamburg zur Wahl der hamburgischen Bürgerschaft haben eine lange Tradition. Es ist uns sehr wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen wissen, welche Auffassungen und Ideen die Parteien zur Zukunft des hamburgischen öffentlichen Dienstes haben. Dieses gilt insbesondere in der jetzigen, von großer Unsicherheit geprägten Zeit, wo der öffentliche Dienst stärker denn je als Stabilitätsanker funktionieren muss.
Ich freue mich sehr, dass die Antworten der Parteien jetzt Stück für Stück eingehen und wir verzichten sehr bewusst auf eine Kommentierung dieser Antworten. Machen Sie sich gerne ihr eigenes Bild, was die Parteien für die Zukunft des öffentlichen Dientes in Hamburg planen.“
Thomas Treff
(Vorsitzender dbb hamburg beamtenbund und tarifunion)